Preisanpassungen in der Aufmaßprüfung

Die Thematik einer Preisanpassung resultiert aus folgender Situation:
Auftragnehmer berücksichtigen bei der Kalkulation der Einheitspreise von Positionen in Ausschreibungen neben dem reinen Materialwert weitere Preis-Bestandteile, die nur einmal pro Auftrag anfallen, z. B. die Gemeinkosten. Ist nun die tatsächlich verbaute Menge deutlich geringer oder größer als die ursprünglich beauftragte Menge, so könnte das einen Einfluss auf den Einheitspreis haben. Das vermutet zumindest der §2 Abs. 3, Ziff. 2 und Ziff. 3 VOB/B.

Voraussetzungen für eine Verhandlung von Preisänderungen

  • Sie haben einen Auftrag vergeben, bei dem auf Basis der Einheitspreise und der tatsächlich verbauten Mengen abgerechnet wird, einen sog. Einheitspreisvertrag.
  • Es handelt sich um ein Bauvorhaben, bei dem die VOB als gültig für die Verträge angesehen wird.
  • Die verbauten Mengen (Aufmaß) weichen um mehr als 10% nach oben oder unten von den beauftragten Mengen ab, es ergeben sich also Mehrmengen oder Mindermengen.

INFO

Quellen für den Download (zuletzt besucht am 16.04.2020:
VOB/B: https://www.fib-bund.de/Inhalt/Vergabe/VOB/
VHB Bund: https://www.fib-bund.de/Inhalt/Vergabe/VHB/

Beispiel: Preiskalkulation mit Gemeinkosten

Ein Auftragnehmer kalkuliert den Preis für eine Position XY, von der 200 Stück beauftragt werden.

Den Einheitspreis ermittelt der Auftragnehmer aus der Division: 4.095 geteilt durch 200; das Ergebnis (20,48) rundet er zu einem EP von 20,50 EUR. Daraus ergibt sich der Preis für die Position von 4.100,- EUR (aus 200 Stück x 20,50 EUR).

Ändert sich nun die Menge, so treffen wir hier die Annahme, dass davon unmittelbar nur der reine Materialwert betroffen ist.
Die Gemeinkosten und die Lohnkosten sind für unser Beispiel der Theorie nach gleich (ändern sich nicht proportional zur Menge) und verteilen sich daher nun auf eine größere oder kleinere Menge.
In unserem Rechenbeispiel kalkulieren wir nun mit 230 bzw. 175 Stück und sonst unveränderten Preis-Bestandteilen:

Das bedeutet:
Bei einer Neuberechnung mit der größeren Menge wird der Preis pro Einheit der Position niedriger; bei einer geringeren Menge wird der Preis pro Einheit höher.

Ist nun im tatsächlichen Projektverlauf der Fall eingetreten, dass die Menge abweicht, sieht die VOB/B in §2 Abs. 3 zwei Fälle vor.

Mengenmehrung:
Die AMP-Menge ist um mehr als 10% größer als die AUF-Menge

§2 Abs. 3 Ziff. 2 VOB/B 2016 sagt:

"Für die über 10 v.H. hinausgehende Überschreitung des Mengenansatzes ist auf Verlangen ein neuer Preis unter Berücksichtigung der Mehr- oder Minderkosten zu vereinbaren."

Das entscheidende Wort ist hier: 'auf Verlangen'. Verlangen wird die Preisänderung in unserem Beispiel der Auftraggeber, da er ja sonst 'zu viel' zahlen würde - hier im Beispiel diese 170,- EUR.

Die VOB sagt, für die "...über 10 v.H. hinausgehende Überschreitung..." kann der neue Preis verlangt werden, bedeutet: bis 110% gilt der vereinbarte Preis.

Sie rechnen also in der ursprünglich beauftragten Position bis zu einer Menge von 110% mit dem vertraglich vereinbarten Preis ab - in unserem Beispiel also bis 220 Stück. Wie groß eine Preisänderung für die über 110% Menge sein kann, hängt dabei natürlich von der Kalkulation des Auftragnehmers ab!
(Die Überlegung, inwiefern Sie Einblick in die Kalkulation des Auftragnehmers haben, lassen wir hier außen vor.)

Aus der VOB lässt sich nicht direkt ableiten, dass eine gesonderte Beauftragung erforderlich ist. Je nach dem, welche ergänzenden Bedingungen für Ihren Auftrag und Ihren Bauherrn gelten, kann aber ein Nachtrag nötig sein.
Im Vergabehandbuch Bund (VHB) 2017 findet sich beispielsweise folgende Passage - VHB Teil 5 - Nachtragsmanagement, Ziff. 2.1. Vergütungsansprüche nach § 2 VOB/B, unter 2.1.3:

"Eine Nachtragsvereinbarung ist grundsätzlich nicht erforderlich, wenn ... Mengenänderungen (§ 2 Abs. 3 VOB/B), ... zwar die Gesamtvergütung ändern, aber keinen Einfluss auf die Preise (Einheits- oder Pauschalpreise) haben. ..."

... das betrifft unsere 10% Mengenmehrung, die mit dem Auftragspreis abgerechnet wird: kein Nachtrag erforderlich.
Im weiteren dann:

"... Eine Nachtragsvereinbarung ist grundsätzlich erforderlich, wenn einer oder mehrere der unter Nr. 2.1 genannten Sachverhalte Einfluss auf die vereinbarten Preise (Einheits- oder Pauschalpreise) hat. ..."

... das betrifft die über 10% hinausgehenden Mengen, die mit einem anderen Preis abgerechnet werden. Danach wäre gemäß VHB also ein Nachtrag erforderlich.

Mengen über 110% in ORCA AVA abrechnen

Die über 110% hinausgehende Menge können Sie in ORCA AVA in einer neuen (Nachtrags-)Position mit dem neu verhandelten Preis abrechnen.

Falls Sie einen Nachtrag für die Mengenmehrung anlegen müssen (z. B. wegen VHB), markieren Sie den Auftrag, zu dem die Mengenmehrung gehört und wählen Sie:

TIPP

Die Funktion erreichen Sie alternativ auch:

  • in den Eigenschaften eines bestehenden Gliederungspunktes dieses Auftrages
     

     
  • in den Eigenschaften: Auftrag, über die Schaltfläche
     
    und dann btn-template

 

Als Anspruchsgrundlage ist bereits ein Eintrag für §2 Abs. 3 VOB/B vorhanden, den Sie auswählen und ggf. konkretisieren oder wunschgemäß umformulieren können.

Legen Sie dann die neue Position für die über 110%-Menge mit dem neu verhandelten Preis an (beispielsweise können Sie die ursprüngliche Position kopieren, Text und Preis anpassen etc.).

Im Dialog Eigenschaften: Position auf der Registerkarte Weiteres ordnen Sie ggf. die Position zu dem Nachtrag zu. Falls Sie die Position innerhalb des Gliederungspunktes anlegen, der bereits selbst dem Nachtrag zugeordnet ist, ist die Position automatisch diesem Nachtrag zugeordnet.

Falls Sie keinen Nachtrag anlegen müssen, können Sie die Position auch einfach im Auftrag kopieren und mit gleicher Positionsnummer und passendem Index einfügen.

Im Bild sehen Sie hier: es ist bei btn-template 1a kein Auf.Preis eingetragen, damit bleibt die Auftragssumme unverändert - es wird nur mehr abgerechnet. Der Preis in der Aufmaßprüfung wurde hier im Beispiel für die Mengenmehrungs-Position 1a mit nur 5,00 EUR für die 10 zusätzlichen Stück verhandelt. Diesen Preis tragen Sie einfach bei der Position in der AMP ein. Für unsere Beispiel-Kalkulation ergibt sich mit diesem Preis in der Summe (Pos 1 + 1a) bei Gesamt mit 4.560,- EUR nun in etwa der Betrag aus der Kalkulation 'Mengenmehrung' (errechnet hatte unser Beispiel-Auftragnehmer oben: 4.545,- EUR ).

Mengenminderung:
Die AMP-Menge ist um mehr als 10% geringer als die AUF-Menge

§2 Abs. 3 Ziff. 3 VOB/B 2016 sagt:

"Bei einer über 10 v. H. hinausgehenden Unterschreitung des Mengenansatzes ist auf Verlangen der Einheitspreis für die tatsächlich ausgeführte Menge der Leistung oder Teilleistung zu erhöhen, soweit der Auftragnehmer nicht durch Erhöhung der Mengen bei anderen Ordnungszahlen (Positionen) oder in anderer Weise einen Ausgleich erhält. Die Erhöhung des Einheitspreises soll im Wesentlichen dem Mehrbetrag entsprechen, der sich durch Verteilung der Baustelleneinrichtungs- und Baustellengemeinkosten und der Allgemeinen Geschäftskosten auf die verringerte Menge ergibt. Die Umsatzsteuer wird entsprechend dem neuen Preis vergütet."

Das erste entscheidende Wort ist wieder 'auf Verlangen' - hier liegt aber das Interesse auf Seiten des Auftragnehmers, der sonst 'zu wenig' für seine Leistung erhält.

Die zweite entscheidende Formulierung macht's kompliziert:"...soweit der Auftragnehmer nicht ... einen Ausgleich erhält."

Und für diesen Ausgleich nennt die VOB zwei Beispiele:

1.) "durch Erhöhung der Mengen bei anderen Ordnungszahlen"

2.) "in anderer Weise"

Diese beiden Fälle bedeuten: es bleibt beim ursprünglichen EP, es wird einfach nur in der bestehenden Position die geringere Menge abgerechnet.
Für den 2.) Fall, dass ein Auftragnehmer in anderer Weise einen Ausgleich erhält, haben Sie in ORCA AVA zwei Möglichkeiten diesen Ausgleich abzubilden:

  • Sie legen eine Position an, deren Gesamtpreis den Betrag des Ausgleichs aufnimmt. Bedenken Sie ggf. ob eine KG-Zuordnung in Frage kommt.
  • Sie können einen Abzug Netto/Brutto in der Rechnungsfreigabe der Schlussrechnung ansetzen (einen negativen Abzug ... minus mal minus gibt plus).

Wir gehen dabei von der Annahme aus, dass der Auftragnehmer eine entsprechend nachvollziehbare Berechnung vorgelegt hat, die der geprüften Schlussrechnung beigelegt ist.

TIPP

Im Kostenstand - Gewerke können Sie im Protokoll nachlesen, falls der Wert der Prognose um mehr als 10% vom Auftragswert abweicht. So können Sie sich frühzeitig um diesen Fall kümmern.

Hat nun tatsächlich auf Verlangen eine "Erhöhung des Einheitspreises" stattgefunden und Sie müssen einen Nachtrag anlegen (weil Sie an VOB/VHB gebunden sind), so hilft Ihnen die Funktion Extras | Position durch Nachtragsposition ersetzen.

Falls Sie keinen Nachtrag anlegen müssen (weil Sie nicht an VOB/VHB gebunden sind), so können Sie in ORCA AVA einfach nur den Preis dieser Position in der AMP ändern:

Sie müssen die Option 'Ergebnis' der Registerkarte 'Menge' verwenden als: Aufmaß setzen und die Aufmaßmenge auf der Registerkarte Menge eintragen. Nur dann ist die Eingabe im Feld Aufmaß/Preis möglich. Mit diesem Preis wird das gesamte Aufmaß dieser Position ermittelt.

Ellipsis-Schaltfläche Button Über die Ellipsis-Schaltfläche steht Ihnen eine Funktion zur Verfügung, die eine Preisänderung erleichtert.

Auswirkungen auf die Prognose

Änderungen an Mengen und Preisen in der Aufmaßprüfung werden in der Prognose erst dann abgebildet, wenn die Option Aufmaßprüfung abgeschlossen auf Ja gesetzt wird.

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